1. Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt dem ukrainischen Volk und seinem Kampf für Freiheit und Demokratie. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Deswegen unterstützt Deutschland in Absprache mit den Verbündeten und Partnern die Ukraine mit finanziellen Hilfen, umfangreichen Sanktionen gegen Russland, massiver humanitärer Hilfe, der Aufnahme hunderttausender Geflüchteter und auch durch Waffenlieferungen.
  2. Art. 56 GG verpflichtet die Bundesregierung zu dem Eid, u.a. Schaden von der deutschen Bevölkerung abzuwenden. Alle Entscheidungen müssen deshalb auch in diesem Krieg berücksichtigen, dass ein Flächenbrand verhindert – und Schaden auch von der Bundesrepublik Deutschland abgewendet wird. Zugleich muss Deutschland seine Bündnisverpflichtungen einhalten können.
  3. Das sich durch die Punkte 1 und 2 ergebende Spannungsfeld erfordert einen stetigen, an der konkreten Entwicklung orientierten Abwägungsprozess. Überhitzte und vereinfachende Debatten, z.B. über die Lieferung „schwerer Waffen“, können einer differenzierten Diskussion nicht gerecht werden, da in den Abwägungsprozess der Bundesregierung naturgemäß auch vertrauliche Aspekte einfließen. Allerdings ergibt sich aus diesem Umstand eine besondere Aufklärungs- und Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Parlament in entsprechenden Geheimschutzstellen bzw. Gremien und gegenüber der Öffentlichkeit in angemessener Form.
  4. Politische Führung definiert sich nicht über Lautstärke. Olaf Scholz trifft seine Entscheidungen auch in diesen schwierigen Zeiten mit kühlem Kopf. Deswegen ist er Bundeskanzler und deswegen erfährt seine besonnene Linie die Unterstützung der Mehrheit der Bürger. Es gibt kein Drehbuch, das der Politik den Weg weist, den sie angesichts von Putins Überfall zu beschreiten hat. Im Rahmen unserer Grundsätze, die Ukraine zu unterstützen, ohne dabei selbst Kriegspartei zu werden, müssen immer wieder situative Neubewertungen vorgenommen werden. Eine zentrale Aufgabe der Politik bleibt in den kommenden Wochen und Monaten, die Bürger an den schwierigen Abwägungsprozessen teilhaben zu lassen, soweit dies möglich ist. Die Kommunikation von Besonnenheit und mitunter auch des eigenen tastenden Zweifelns ist auch und gerade in Krisenzeiten Ausdruck eines der Sache angemessenen demokratischen Stils.
  5. Am Ende muss auch in diesem Konflikt die Diplomatie gewinnen. Es ist Aufgabe der Bundesrepublik, entsprechende Initiativen z.B. durch den UN-Generalsekretär zu unterstützen. Am Ende wird die Ukraine als souveräner Staat entscheiden.
  6. Die SPD hat in ihren Genen die Grundsätze von Frieden und Freiheit. Auch die Entspannungspolitik der letzten Jahrzehnte hat dazu geführt, dass souveräne Staaten neu entstanden sind, die die Werte von Demokratie und Freiheit teilen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Länder, deren Regierungen die liberale und vertragsbasierte Weltordnung in Wort und Tat angreifen. Eine globalisierte Welt, in der die Nachhaltigkeitsziele der UN und das Pariser Klimaabkommen als gemeinsame Ziele definiert sind, ist auch in Zukunft auf Multilateralismus und Kooperation angewiesen. Der Krieg Putins zeigt allerdings, dass Demokratien wehrhaft sein müssen, ohne die gemeinsamen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.

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