Positionierung der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Kurzfassung
Nach mehr als zwei Jahren COVID-19-Pandemie hat der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die angespannte wirtschaftliche Lage und die Unterfinanzierung des Haushaltes in unserem Land verschärft. Die Preissteigerungen mit den höchsten Inflationsraten seit knapp 50 Jahren belasten als mittelbare Folge des Krieges vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Die Unterstützung der Ukraine und das Sanktionsregime gegen Putin werden von uns auch in Zukunft einen langen Atem verlangen.
Wir als Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion gehen in dieser historischen Krisensituation von folgenden Grundsätzen aus:
- Das freie Europa wird die Ukraine im Kampf gegen Russland solange wie nötig unterstützen. Putin darf nicht gewinnen.
- Wir wollen den Zusammenhalt in der Zeitenwende sichern und lassen die Bürgerinnen und Bürger nicht im Stich. Das erfordert weitere gezielte Entlastungen für die von steigenden Preisen besonders betroffenen Menschen.
- Wir lehnen sozial- und gesellschaftspolitische Kürzungen im Haushalt ab und fordern die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Projekte.
Um die wichtigen Vorhaben der Ampel-Koalition abzusichern und abhängig von weiteren Entwicklungen kann die Aussetzung der Schuldenbremse für das Jahr 2023 nötig werden. Verantwortungsvolle Politik bedeutet, bei einer weiteren Verschärfung der Lage eine entsprechende haushaltspolitische Neubewertung vorzunehmen.
Im Zentrum unseres Vorschlags für eine solidarische Finanz- und Steuerpolitik steht deshalb eine einmalige Abgabe auf besonders hohe Vermögen. Ihre Einsetzung ist im Grundgesetz für besondere Krisensituationen vorgesehen. Die zusätzlich notwendige Last zur Bewältigung der Krisen würde so von denjenigen geschultert, die dazu am besten in der Lage sind. Und der Staat wäre auch weiterhin in der Lage, diejenigen besonders zu schützen und unterstützen, die unsere Solidarität am stärksten benötigen. Gleichzeitig würde die sich zuspitzende Vermögenskonzentration in Deutschland seit Jahrzehnten erstmals wieder wirksam und unmittelbar adressiert.
In der Ausgestaltung der Abgabe sind uns folgende Punkte wichtig:
Bemessungsgrundlage der einmaligen Vermögensabgabe ist das individuelle abgabepflichtige Nettovermögen (Bruttovermögen minus Verbindlichkeiten). Dieses muss lediglich einmal berechnet werden, was den bürokratischen Aufwand gegenüber einer Steuer minimiert. Die Wahl des Stichtages zur Vermögensermittlung sollte nach Möglichkeit in der Vergangenheit liegen, um Anreize zur Vermögensverringerung auszuschließen und keine Reaktionsmöglichkeit zur Steuerflucht einzuräumen.
Durch hohe Freibeträge lässt sich sicherstellen, dass die Steuerbelastung auf besonders reiche Teile der Bevölkerung konzentriert wird. Dabei ist ein persönlicher Freibetrag von 2 Millionen Euro, für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen ein Freibetrag von bis zu 5 Millionen Euro denkbar. Dadurch werden lediglich 0,4 bis 0,5 Prozent der deutschen Bevölkerung abgabepflichtig. Selbst wenn man den Kreis der Abgabepflichtigen derart stark begrenzt, könnte die Abgabe, je nach Festsetzung des progressiven Abgabetarifs, einen niedrigen bis mittleren dreistelligen Milliardenbeitrag an Gesamtaufkommen generieren. Um die akute Belastung der Vermögen gering zu halten, ist es zudem möglich, die Zahlung der Vermögensabgabe auf einen längeren Zeitraum von bis zu 20 Jahren zu verteilen.
Für uns ist grundsätzlich klar, dass die politische auch eine finanzpolitische Zeitenwende sein muss. Wir wollen den gesellschaftlichen Wandel aktiv gestalten und unseren Wohlstand sichern. Mit Investitionen in eine klimaneutrale Industrie, in Zukunftsmärkte und -technologien, eine bezahlbare öffentliche Infrastruktur und in Aus- und Weiterbildung für die Beschäftigten können wir wichtige Impulse für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation setzen. Das setzt ein hohes Niveau öffentlicher Investitionen voraus.
Daher mahnen wir als Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion weitere mittel- und langfristige finanz- und steuerpolitische Reformen an, die hohe Vermögen in die Pflicht nehmen und Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen gezielt entlasten. Dazu zählen eine Reform der Erbschaftssteuer und die Einsetzung einer Vermögenssteuer, wie sie seit 2019 Beschlusslage unserer Partei ist. Damit die Schuldenbremse nicht zu einer Zukunftsbremse wird, wollen wir sie in ihrer jetzigen Form perspektivisch überwinden.
Die Langfassung des Positionspapiers kann hier heruntergeladen werden.