Netzpolitik – Ein Nischenthema?

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Eine Kuriosität sei der Ausschuss Digitale Agenda im Deutschen Bundestag, befand die Wochenzeitung Die Zeit im März 2014. Die Bundeskanzlerin stellte sogar fest, das Internet sei Neuland. Netzpolitik, so der landläufige Tenor, bleibe ein Nischenthema. Das Gegenteil ist der Fall: Die Gründung des Ausschusses Digitale Agenda – auch #btADA genannt – war gleichsam eine Sensation. Der Bundestag hat mit dieser ersten Ausschussgründung seit 1998 ein klares Signal für die Wichtigkeit der Netzpolitik gesetzt und das Thema aus der Nische ins Rampenlicht gestellt. Die Bedeutung war dem Parlament indes bereits in der vorherigen Wahlperiode klar. Drei Jahre lang hat sich seinerzeit die Enquete Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ mit Themen rund um das Internet und seine Auswirkungen auf politische und gesellschaftliche Prozesse beschäftigt. Zu den Handlungsempfehlungen im Schlussbericht gehörte die Einsetzung des #btADA. Er ist als Querschnittsausschuss angelegt und somit durch alle Ressorts hindurch an allen netzpolitisch relevanten Themen beteiligt.

Netzpolitik ist moderne Gesellschaftspolitik. Nahezu jeder Bereich unseres Lebens kommt mit der Digitalisierung in Berührung: Sei es das mobile Internet auf unseren Smartphones, die Arbeitswelt, die Wirtschaft, das Gesundheitswesen oder die öffentliche Verwaltung – alles wird von der Digitalisierungswelle erfasst. Sogar das Auto und die Kaffeemaschine sind online. Das birgt immense Chancen – allerdings auch Risiken.

Letztere stehen oft im Fokus der Diskussion. Spätestens seit dem NSA-Skandal ist die Frage nach Datenschutz und Sicherheit im Netz in vielen Köpfen zentral. Klar ist: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung muss gewahrt bleiben. Wir müssen die Hoheit über unsere Daten haben und nicht die Daten über uns. Sichere Kommunikation, Verschlüsselung und Datenschutz schaffen Vertrauen ins Internet. Und ohne Vertrauen können wir die digitale Revolution nicht meistern.

Die Chancen stehen leider oft im Schatten der Risiken. Das Internet bietet mit seinen vielfältigen Möglichkeiten enormes gesellschaftliches und ökonomisches Potential. Die Beispiele sind vielfältig: Moderne, digital unterstützte Arbeitsmodelle sorgen für eine verbesserte Vereinbarung von Familie und Beruf. Smarte Technologien erleichtern uns den Alltag und sorgen für einen effizienten Einsatz von Ressourcen. Langwierige Behördengänge können durch online-Verfahren verkürzt und vom eigenen Schreibtisch aus erledigt werden. Durch open-data-Strukturen wird Verwaltungshandeln transparenter und es bieten sich zahlreiche Partizipationsmöglichkeiten. Es sind diese Chancen, die wir in den Vordergrund stellen sollten und nicht die Angst und die Skepsis. Schließlich ist es keine Frage, ob oder wann die Digitalisierung kommt: Sie ist schon lange da! Wir müssen sie von einer positiven Warte aus formen um den Gefahren und Risiken entgegenzutreten.

Politik muss eine positive Vision der digitalen Gesellschaft in all ihren Facetten entwerfen, damit das Internet ein Ort der Freiheit, der Teilhabe und der Demokratie bleibt. Den politischen Parteien in Deutschland – allen voran der SPD – kommt dabei eine besondere Rolle zu. Wir müssen eine Vorreiterrolle einnehmen und mit gutem Beispiel voran gehen. Vor 150 Jahren waren es die Arbeiterinnen und Arbeiter, die sich „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ auf ihre Banner geschrieben haben. Diese sozialdemokratischen Werte gilt es auf die digitale Welt zu übertragen und sie mit Nachdruck zu verteidigen. Dabei geht es um nichts Geringeres als die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen: Wie wird unser Bildungssystem aussehen? Wie werden wir arbeiten? Wie gestalten wir unser gesellschaftliches Miteinander? Wie begegnen wir den unausweichlichen Herausforderungen? Den Klimaveränderungen? Dem demographischen Wandel? Der Schlüssel zu den Antworten liegt in der Digitalisierung. Die SPD muss dafür Sorge tragen, dass alle gleichberechtigt an den Prozessen teilnehmen können. Niemand darf zurückgelassen werden. Eine digitale Spaltung gilt es zu vermeiden.

Es ist also überhaupt keine Kuriosität, wenn der Deutsche Bundestag und die politischen Parteien in unserem Land sich mit Netzpolitik beschäftigen. Es ist eine absolute Notwendigkeit, um eine gerechte Zukunft mitzugestalten.