Alleinerziehende weiter entlasten

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Alleinerziehende sind eine große und immer noch wachsende Bevölkerungsgruppe. Zwanzig Prozent aller Familien gelten als alleinerziehend, davon immer noch 90 Prozent Frauen. Ein-Eltern-Familien haben besondere Bedürfnisse und begegnen anderen Herausforderungen als Paar-Familien. Bei diesen Herausforderungen ist am auffälligsten: Alleinerziehende und ihre Kinder sind die am stärksten von Armut betroffene und von ihr gefährdete Bevölkerungsgruppe.

Um dieser Gefährdung entgegen treten zu können, brauchen Trennungsfamilien Geld, Infrastruktur und Zeit – wie alle Familien, aber Alleinerziehende brauchen diese Ressourcen noch dringender. Denn die Belastung von Erwerbsleben und Familienarbeit kann bei ihnen, wenn überhaupt, weit weniger partnerschaftlich aufgeteilt werden als in klassischen Paar-Familien. Die Erhöhung des Entlastungsbetrags um 600 Euro, den die SPD im jüngsten Familienleistungspaket durchgesetzt hat, ist ein erster Schritt für die Verbesserung der Situation. Alleinerziehende mit steuerpflichtigen Einkommen werden nun deutlich mehr entlastet.

Erwerbsarbeit muss sich lohnen und möglich sein

Das ist ein klares Signal dafür, dass wir anerkennen, was die meisten Alleinerziehenden sich wünschen: Sie wollen für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen können, sie wollen einer existenzsichernden Erwerbsarbeit nachgehen. Das klingt selbstverständlich, ist es aber leider nicht. Alleinerziehende haben es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer. Ihr Status gilt als Vermittlungshemmnis. Denn viele Arbeitgeber scheuen sich, Alleinerziehende einzustellen. Zu groß ist die Belastung dieser Eltern, so fürchten sie, zu groß das Risiko, dass diese wegen der familiären Situation ausfallen, da sie die Doppelbelastung alleine tragen müssen.

Vielfalt bei Trennungsfamilien

Doch das ist zu einseitig gedacht. Wir dürfen nicht vergessen: es gibt nicht DIE Alleinerziehenden. Alleinerziehende sind eine sehr heterogene Gruppe mit sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Hier geht es bei Weitem nicht nur um die Mütter kleiner Kinder, die zu Hause alleine und hilflos dem System und einem physisch abwesenden Vater gegenüber stehen. Hier geht es um Frauen, die öfter in Vollzeit arbeiten als vergleichbare Mütter in Paar-Familien, hier geht es um Väter, die sich kümmern wollen und die deutlich mehr als zwei Wochenenden im Monat ihre Kinder betreuen – übrigens immer öfter, je älter der Nachwuchs ist. Es geht um neue Partner und wie diese eingebunden werden können, es geht um externe Kinderbetreuung, es geht um Kinder, die in mehreren Haushalten zu Hause sind, es geht um NachbarInnen und FreundInnen, es geht um Großeltern – kurz, es geht um flexible, kreative Lösungen, für die die Eltern Ressourcen brauchen. Diese kreativen Lösungen müssen wir unterstützen.

Reform des Unterhaltsvorschuss?

Ein Instrument dafür könnte die Reform und Flexibilisierung des Unterhaltsvorschusses sein. Ein Drittel aller Kinder in Ein-Eltern-Familien bekommen den Unterhalt, der ihnen zusteht, nicht oder nicht vollständig ausgezahlt. Wo das geschieht, springt der Staat mit dem Unterhaltsvorschuss ein, um die Familien zu unterstützen. Diese Leistung ist allerdings eng begrenzt: Der Unterhaltsvorschuss wird nur für höchstens sechs Jahre gezahlt und endet in jedem Fall mit dem zwölften Geburtstag des betroffenen Kindes.

Diese Beschränkung ist nicht nachvollziehbar. Wer Kinder aufzieht, weiß: mit der Pubertät beginnt das Alter, in dem der Nachwuchs am kostspieligsten wird. Es ist darüber hinaus nicht zu erwarten, dass der oder die Unterhaltspflichtige pünktlich zu diesem Geburtstag zahlungsfähig wird oder sich seiner Pflichten erinnert. Die Alleinerziehenden sind dann per Stichtag stärker finanziell belastet. Hier müssen wir als Nächstes ansetzen, wenn wir Trennungsfamilien helfen wollen. Denn mit der Anhebung des Entlastungsbetrags ist es noch nicht getan.